
Die falsche Gleichsetzung von Homeoffice mit Minderleistung
Homeoffice, 4-Tage-Woche, Sabbatical – alles dasselbe? Wenn man manchen Politikern und Wirtschaftsvertretern zuhört, könnte man es fast glauben. Immer wieder wird mobiles Arbeiten in einen Topf mit kürzeren Arbeitszeiten und „weniger Leistungsbereitschaft“ geworfen.
Doch das ist nicht nur Unsinn, sondern eine vertane Chance. Homeoffice ist kein Zeichen von Faulheit – sondern ein echter Wettbewerbsvorteil, gerade für kleine und mittelständische Unternehmen. Wenn man es richtig macht.
Wie sich die Wahrnehmung von Homeoffice verändert hat
Vor Corona: „Homeoffice? Da schafft doch keiner was!“
Lange Zeit war Homeoffice ein rotes Tuch. Viele Unternehmen wollten es nicht, weil sie glaubten, dass die Leute zu Hause sowieso nur Netflix schauen. Kontrolle war wichtiger als Vertrauen.
Corona: Und plötzlich ging’s doch!
Dann kam die Pandemie. Keine Wahl mehr – alle mussten ins Homeoffice. Und siehe da: Die meisten haben ganz normal weitergearbeitet, wenn nicht sogar produktiver als vorher. Unternehmen investierten in bessere digitale Infrastruktur, Prozesse wurden effizienter.
Nach Corona: Das große Zurückrudern
Kaum war die Krise vorbei, wollten einige Unternehmen alles wieder rückgängig machen. Erste Stimmen behaupteten plötzlich wieder, Homeoffice sei ineffizient. Große Konzerne wie VW, SAP und Zoom (!) holten die Leute zurück ins Büro. Und parallel wurde Homeoffice gleich mal mit der 4-Tage-Woche und Sabbaticals in einen Topf geworfen.
Und genau hier liegt das Problem.
Homeoffice als Standortvorteil für KMU
Fakt ist: Gerade für KMU ist Homeoffice ein Gamechanger. Warum? Weil es das größte Problem kleiner Unternehmen löst – den Zugang zu Fachkräften.
Viele kleine und mittelständische Unternehmen kämpfen mit einem klaren Nachteil: Sie sitzen nicht in Berlin, München oder Hamburg, sondern in kleineren Städten oder ländlichen Regionen. Und genau das wird im Kampf um Fachkräfte zum Problem.
Top-Talente, besonders in der IT oder im Consulting, zieht es oft in Metropolen – nicht nur wegen der Jobs, sondern auch wegen des Umfelds. Wer als Unternehmen aber Homeoffice und Remote Work ermöglicht, öffnet sich plötzlich einem deutschlandweiten Talentpool.
Beispiel Keuthen AG:
Seit Jahren setzen wir bei der Keuthen AG auf Homeoffice & mobiles Arbeiten – und sehen die Vorteile bei jeder neuen Stellenausschreibung. Ein aktuelles Beispiel: Im November 2024 suchten wir IT-Spezialisten. Das Ergebnis? Mehrere qualifizierte Bewerbungen, schnelle Besetzung der Stelle – ohne Standortproblem. Und das ist kein Einzelfall. Fast immer finden wir schnell die passenden Leute, weil wir deutschlandweit suchen können. Wer Homeoffice richtig macht, muss keine Kompromisse eingehen.
Aber es geht nicht nur um uns. Viele andere Unternehmen, die remote arbeiten, berichten dasselbe: Mehr Bewerber, bessere Auswahl, schnelleres Recruiting.
Und jetzt die Frage: Warum verzichten so viele Unternehmen freiwillig auf diesen Vorteil?
Die politische Diskussion: Homeoffice ≠ Leistungsverweigerung
In den letzten Monaten häufen sich die Stimmen, die fordern, dass „mehr gearbeitet werden muss“. Soweit, so verständlich. Aber dann kommt der Fehlschluss: In einem Atemzug wird Homeoffice mit 4-Tage-Woche und Sabbaticals genannt – als würde mobiles Arbeiten automatisch weniger Leistung bedeuten.
Prominente Beispiele:
-
Christian Lindner (FDP) sprach davon, dass Deutschland sich „mehr anstrengen“ müsse – und stellte in einem Satz Sabbaticals, 4-Tage-Woche und Homeoffice infrage.
-
VW, SAP & Co. rufen ihre Mitarbeiter zurück ins Büro – nicht, weil Homeoffice nicht funktioniert, sondern weil sie „Kultur“ und „Produktivität“ für gefährdet
halten.
- Elon Musk nennt Homeoffice eine „moralische Katastrophe“.
Das Problem: Hier werden völlig unterschiedliche Dinge vermischt.
Ja, es kann sein, dass eine verkürzte Arbeitszeit in manchen Fällen zu Produktivitätsverlust führt. Aber was hat das mit Homeoffice zu tun?
Homeoffice ist keine 4-Tage-Woche. Homeoffice ist Arbeit – nur eben von einem anderen Ort aus.
Welche Fehler Unternehmen beim Homeoffice machen & warum es oft scheitert
Viele Unternehmen probieren Homeoffice aus und rudern dann zurück. Der Klassiker: „Hat bei uns nicht funktioniert.“
Aber woran liegt das? Meist nicht am Homeoffice selbst – sondern daran, dass es falsch gemacht wurde.
Die häufigsten Fehler:
❌ Mikromanagement – Führungskräfte, die kontrollieren wollen, anstatt auf Ergebnisse zu vertrauen.
❌ Fehlende Struktur – Remote Work funktioniert nicht ohne klare Prozesse und Erwartungen.
❌ Falsche Tools – E-Mails statt asynchroner Kommunikation, schlechte IT-Lösungen für Zusammenarbeit.
❌ Keine Remote-Kultur – Wer Mitarbeiter ins Homeoffice schickt, aber alles weiterhin wie im Büro steuert, scheitert zwangsläufig.
Statt zu sagen: „Homeoffice funktioniert nicht“, sollten Unternehmen sich fragen: „Haben wir es richtig gemacht?“
Fazit: Wer’s richtig macht, hat den Vorteil
Statt Homeoffice mit Leistungsverweigerung in einen Topf zu werfen, sollten Unternehmen es als das sehen, was es ist: Ein strategischer Vorteil.
❌ Wer seine Leute ins Büro zwingt, riskiert, dass die besten woanders hingehen.
✅ Wer Homeoffice richtig umsetzt, gewinnt deutschlandweit Talente und bleibt wettbewerbsfähig.
Homeoffice ist kein Sabbatical. Es ist eine Chance – wenn man sie nutzt.
Autor: Marco Keuthen